-
Nachhaltigkeit
empfehlungen
Nachhaltigkeit ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Sie zielt darauf ab, die ökonomischen und sozialen Bedürfnisse der derzeitigen Generation zu befriedigen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu beeinträchtigen.
Nachhaltigkeit ist zudem volkswirtschaftlich relevant, weil nur durch das Einhalten planetarer Grenzen Wirtschaftssysteme langfristig erfolgreich und damit Grundlage gesellschaftlichen Wohlstands sein können. Unternehmen sind der entscheidende Hebel, um Umweltbelastungen zu reduzieren, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und die natürlichen Ressourcen zu schonen.
Darüber hinaus können durch nachhaltige Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten nationale und internationale Märkte mit Wettbewerbsvorteilen für deutsche Unternehmen entstehen.
Nachhaltigkeit mit neuen Technologien fördern
Technologieentwicklung ist für die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen essentiell. Zwar werden neue nachhaltigkeitsorientierte Technologien auf kurze Sicht nicht ausreichen, um eine hinreichend starke Entkopplung der Produktion von dem Verbrauch natürlicher Ressourcen sicherzustellen. Gleichwohl kommt neuen Technologien eine besondere Bedeutung zu, um die Ressourceneffizienz erheblich zu steigern und nicht nachhaltige Produktionsformen durch nachhaltige zu ersetzen.
Mit entsprechenden Anreizen im Rahmen der staatlichen Innovationsförderung sollte die Fortentwicklung dieser Technologien verstärkt unterstützt werden. Gleichzeitig ist aber auch darauf zu achten, neuen Ansätzen ausreichend Raum zu geben. Die inkrementelle Verbesserung bereits vorhandener Technologien sollte durch eine entsprechende Förderung von neuartigen technologischen Lösungen komplementiert werden.
Hier spielen auch Start-ups eine große Rolle, denen ein Zugang zu entsprechenden Innovationsförderprogrammen häufig schwerer fällt. Bestehende Zugangsbeschränkungen, die nicht nur die Entstehung von Förderkarrieren etablierter Unternehmen begünstigen, sondern auch neue Unternehmen von der Förderung fernhalten, müssen konsequent abgebaut werden.
Zirkuläre Geschäftsmodelle aufbauen
Die Innovationsförderung in der EU hat traditionell einen starken Technologiefokus. Im Bereich der Nachhaltigkeit wird die Entwicklung neuer Technologien als zentraler Ankerpunkt einer innovationsorientierten Transformationspolitik gesehen. Zweifelsfrei spielen neue, disruptive Technologien eine große Rolle. Allerdings verdeckt dieser Fokus, dass eine sozialökonomische Transformation der Wirtschaft sehr häufig von der Entwicklung neuer zirkulärer Geschäftsmodelle abhängt. Diese können auf neuen Technologien beruhen, erfordern aber ebenso die Umgestaltung ganzer Wertschöpfungsketten. Das braucht ein erhebliches Maß an Koordination, Vertrauen und finanziellen Investitionen von allen an den Produktionsschritten beteiligten Unternehmen.
Die Forschung hat gezeigt, dass dies selbst bei Vorhandensein notwendiger Technologien nicht leicht zu erreichen ist, weil bestehende Geschäftsmodelle transformative Änderungen kurzfristig unattraktiv erscheinen lassen. Zudem führt ein Silodenken seitens der Akteure oft nicht zu jenen Lösungen, die am Ende im gesamten Netzwerk implementiert werden müssten. Bestehende FuE-orientierte Förderprogramme wie zum Beispiel das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) adressieren diesen Punkt nur zum Teil. Es ist daher wichtig, Programme zu entwickeln, die nicht nur Technologieentwicklung, sondern auch den Abbau systemischer Hemmnisse der Neuentwicklung von zirkulären Geschäftsmodellen in Wertschöpfungsketten zum Ziel haben.
Nachhaltigkeitsorientierte Märkte schaffen
In Deutschland macht die öffentliche Beschaffung etwa 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Dieser große Umfang stellt einen erheblichen ökonomischen Hebel für die Schaffung neuer Märkte dar, weil eine verlässlich auf grüne Aspekte ausgerichtete staatliche Nachfrage die ökonomische Unsicherheit seitens der Unternehmen deutlich reduzieren kann. In Bezug auf die Transformation der Wirtschaft hin zu zirkulären Geschäftsmodellen kann eine nachhaltigkeitsorientierte staatliche Beschaffung sogar besonders wirksam sein.
Erstens ist die Aufnahme von nachhaltigkeitsorientierten Zielen in die Anforderungskataloge bei der Beschaffung grundsätzlich aus Beihilferechtsperspektive unproblematisch, da bei entsprechender Ausgestaltung in aller Regel nicht gezielt einzelne Unternehmen bevorzugt werden. Zweitens lautet ein häufiger Einwand gegenüber der innovationsorientierten staatlichen Beschaffung, dass sich ein erheblicher Teil der staatlichen Nachfrage zwangsläufig auf eher einfache Produkte bezieht. Für eine nachhaltigkeitsorientierte Beschaffung ist dieser Einwand weniger relevant, da auch Produkte mit geringem Komplexitätsgrad durch Umstellung auf zirkuläre oder energieeffizienzorientierte Ansätze nachhaltiger bereitgestellt werden können – eine Neuorientierung, die zum Beispiel der Inflation Reduction Act (IRA) aus den USA verfolgt. Insbesondere mit Blick auf die Förderung neuer zirkulärer Geschäftsmodelle sollten Nachhaltigkeitsaspekte in der öffentlichen Beschaffung daher konsequent mitgedacht werden.
© BDI/Roland Berger 2024