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Schlüsseltechnologien
Entwicklung regionaler Zukunftsfelder
Die derzeitigen Stärken der regionalen Innovationssysteme basieren zumeist auf den zurückliegenden und etablierten Strukturen und Technologien. Ein international gut vernetztes und wettbewerbsfähiges Wissenschaftssystem, hohe FuE-Aufwendungen und die stetige Umsetzung von neuem Wissen in neue Anwendungen sind Ausdruck eines entwickelten Systems.
Stetige Weiterentwicklung nötig
Neue technologische Entwicklungen, die Veränderung der Innovationszyklen oder auch Veränderungen in den globalen Wertschöpfungsketten und Außenhandelsbeziehungen stellen auch die regionalen Innovationssysteme vor immer neue Herausforderungen und verlangen eine stetige Weiterentwicklung und ggf. Neuausrichtung. Um die Fähigkeit von Volkswirtschaften und Regionen bei der Entwicklung ihrer technologischen Leistungsfähigkeit und ihrer zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit beurteilen zu können, werden im Innovationsindikator auch solche Kennzahlen erhoben und vergleichend analysiert, die besonders relevante Schlüsseltechnologien erfassen – dies sind Technologien, die entweder für mehrere Wirtschaftssektoren relevant sind und damit einen Querschnittscharakter haben oder für die Adressierung der globalen gesellschaftlichen Herausforderungen von besonderer Bedeutung sind. Die sieben hier betrachteten Schlüsseltechnologien reichen von der Digitalisierung über Energie und Nachhaltigkeit bis hin zu Produktionsverfahren und der Biotechnologie.
Die Einordnung der vier ausgewählten Regionen aus Deutschland und den USA – Baden-Württemberg, Sachsen, Massachusetts und Kalifornien – erfolgt auf Basis der Indikatoren, die auch zur Bewertung der im Innovationsindikator betrachteten Volkswirtschaften herangezogen werden. Es wird an dieser Stelle das Gesamtergebnis des Kompositindikators über alle sieben Schlüsseltechnologien berichtet und diskutiert. Diese Ergebnisse basieren auf den Einzelindikatoren, die für jede der sieben Technologien separat ermittelt wurden.
Baden-Württemberg
Sachsen
Kalifornien
Massachusetts
Dabei zeigt sich, dass – über alle Schlüsseltechnologien hinweg – die Werte der Regionen unterhalb der jeweiligen nationalen Werte liegen, was im Wesentlichen daran liegt, dass die Regionen ein stärker spezialisiertes Profil pflegen – ähnlich wie kleine Länder dies auch tun –, als das Deutschland oder die USA als Ganzes tun können. In anderen Worten, die Regionen sind immer nur in einzelnen der betrachteten Schlüsseltechnologien spezialisiert, während die gesamte Volkswirtschaft durchaus in mehreren Feldern eine Spezialisierung aufweisen kann.
Baden-Württemberg liegt im aktuellen Ranking der Schlüsseltechnologien der 38 hier betrachteten Volkswirtschaften und Regionen auf dem achten Platz und damit knapp hinter dem gesamtdeutschen Wert. Im Zeitverlauf ist es von seiner Bestplatzierung – einem vierten Platz in den Jahren 2012 bis 2015 – auf den achten Rang zurückgefallen, war aber während der Beobachtungsperiode stets unter den Top 10. Zwar kann Baden-Württemberg in den Feldern moderne Produktionstechnologien, Energie sowie Kreislaufwirtschaft jeweils den zweiten Platz weltweit erreichen, liegt bei Digitaltechnologien jedoch etwas zurück. Insbesondere bei neuen Materialien und mehr noch bei Biotechnologie ist der Abstand zur Spitze sehr deutlich.
Sachsen gehört in Sachen Schlüsseltechnologien zum vorderen Mittelfeld weltweit und liegt auf dem elften Platz. Über die Zeit ist diese Platzierung recht stabil. Der schlechteste Platz war ein 16. Rang im Jahr 2013 und der beste Platz der aktuelle elfte Rang, der auch in früheren Jahren (2015, 2017) erreicht wurde. Die Schwerpunkte bei den untersuchten Schlüsseltechnologien liegen in Sachsen bei digitaler Hardware, Energietechnologien und Neuen Werkstoffen. Die schlechtesten Platzierungen bei den einzelnen Schlüsseltechnologien erreicht der Freistaat bei digitaler Vernetzung (20. Platz) und bei Biotechnologie (18. Platz).
Massachusetts fällt auch bei Schlüsseltechnologien – wie bei der Innovationsfähigkeit – im Zeitverlauf zurück und belegt im Jahr 2023 den 15. von 38 Plätzen. Seit etwa der zweiten Hälfte der 2010er-Jahre bewegt sich der Neuenglandstaat zwischen dem 16. und dem 13. Rang. In den zehn Jahren zuvor lag er zwischen dem achten und dem zwölften Platz und damit weiter vorne im Ranking. Die Biotechnologie gehört zu den ausgeprägten Stärken von Massachusetts und auch in der Kreislaufwirtschaft und bei modernen Produktionstechnologien werden niedrige zweistellige Platzierungen erreicht. Im Bereich der digitalen Technologien und auch den Energietechnologien schneidet der US-amerikanische Bundesstaat hingegen mit Platzierungen jenseits des 20. Platzes im internationalen Vergleich schlecht ab, was am Ende dann auch die Gesamtplatzierung im Mittelfeld begründet.
Kalifornien schwächelt
Kalifornien bleibt in der Gesamtbetrachtung aller hier berücksichtigten Schlüsseltechnologien weit hinter der US-amerikanischen Platzierung (Rang zwölf) zurück und landet auf dem 26. Platz knapp hinter Tschechien, Spanien und Belgien, aber noch vor Frankreich und Australien. Der Trend für den Westküstenstaat zeigt im Zeitverlauf deutlich nach unten. Von einem 14. Platz im Jahr 2007 sackte Kalifornien bis zur Mitte der 2010er-Jahre auf ca. den 20. Platz ab, konnte sich dann stabilisieren und hat erst im aktuellen Jahr nochmals deutlich Plätze verloren, trotz eines nur leicht sinkenden Indexwertes, was sich durch die Dynamik der anderen in der Nähe platzierten Volkswirtschaften erklären lässt. Eine ausgeprägte Stärke lässt sich dabei nur in der Biotechnologie ausmachen, wie auch für die USA insgesamt. Bei digitalen Technologien ist Kalifornien hingegen im internationalen Vergleich nicht weit vorne angesiedelt. Zwar kann es bei Patenten in digitalen Vernetzungstechnologien die höchste Punktzahl erreichen und auch bei computerimplementierten Erfindungen (Softwarepatenten) sind die Indexwerte über nahezu alle Technologiefelder durchaus ausgeprägt, sie können aber die Schwächen bei wissenschaftlichen Publikationen und vor allem beim Handelsbilanzsaldo nicht kompensieren. Es gilt allerdings kritisch anzumerken, dass Lizenzeinnahmen oder Wertschöpfung auf der Ebene der Schlüsseltechnologien nicht erhoben werden können und Kalifornien gerade hier durch die Softwareindustrie und auch die Filmindustrie nennenswerte Einnahmen und damit Beiträge zum BIP pro Kopf generiert. Auch liegen keine Daten zum Risikokapital auf der Ebene der einzelnen Schlüsseltechnologien vor und finden daher keinen Eingang in die Analysen.
Schlüsseltechnologien: Ranking der Regionen im vergleich mit den Volkswirtschaften
1 Singapur 46 2 Dänemark 46 3 Japan 44 4 Schweiz 43 5 China 43 6 Finnland 43 7 Deutschland 42 8 Baden-Württemberg 42 9 Südkorea 40 10 Schweden 38 11 Sachsen 37 12 USA 36 13 Österreich 34 14 Niederlande 33 15 Massachusetts 32 16 Italien 29 17 Irland 29 18 Großbritannien 28 19 Griechenland 27 20 Indien 27 21 Norwegen 26 22 Portugal 26 23 Tschechien 25 24 Spanien 25 25 Belgien 25 26 Kalifornien 25 27 Frankreich 24 28 Australien 24 29 Ungarn 23 30 Polen 23 31 Kanada 23 32 Israel 22 33 Indonesien 20 34 Russland 17 35 Südafrika 17 36 Mexiko 17 37 Brasilien 16 38 Türkei 14 Taiwan wird hier aufgrund fehlender Daten nicht ausgewiesen.
Quelle: Berechnungen des Fraunhofer ISI
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