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Intro
editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
moderne, wissensbasierte Gesellschaften brauchen Innovationen, um Wachstum zu generieren. Das gilt für Deutschland in besonderem Maße, denn wir stehen durch den demografischen Wandel immer mehr unter Druck, die Produktivität durch innovative Technologien weiter zu verbessern. Gleichzeitig sind Innovationen der Schlüssel zur Lösung zentraler Zukunftsaufgaben wie der Dekarbonisierung unserer Industrienation.
Die Schweiz, Singapur und Dänemark belegen im neuen Innovationsindikator 2023 die ersten Plätze. Deutschland folgt mit deutlichem Abstand auf dem zehnten Platz. „Ein Aufschließen zur Spitzengruppe oder eine kontinuierliche Verbesserung sind nicht zu erkennen“, urteilt das Autorenteam der Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung sowie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Damit setzt sich für Deutschland ein Trend fort, der unsere Schwäche im Vergleich zu unseren Wettbewerbern nur zu deutlich ins Licht rückt: Lange bekannte Defizite werden nicht oder zu langsam angegangen, Chancen nicht ausreichend genutzt. Die Industrie leidet längst unter dem Fachkräftemangel, der Innovationskraft und Wohlstand kostet. Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung mit der Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes einen wirklichen Schritt nach vorne macht. Deutschlands Zukunft steht auf dem Spiel, die weltweiten Herausforderungen durch den Klimawandel und multiple Krisen sind enorm. Ohne radikale Transformation und konsequente Innovation werden wir unsere Wettbewerbsfähigkeit nicht halten. Was können Politik und Unternehmen tun?
Unternehmen müssen die Transformation beherzt und mutig angehen, die Politik muss schneller und flexibler werden. In der Bundesregierung mangelt es von der Zukunftsstrategie über den Zukunftsrat und die Start-up-Strategie bis zur Allianz für Transformation – um nur einige zu nennen – nicht an Initiativen und Expertise. Sie alle müssen jetzt wirksam werden und Maßnahmen umsetzen, die unsere Schwachstellen adressieren, notwendigen Wandel beschleunigen und Chancen verwandeln. Denn das zeigt der Innovationsindikator 2023 auch ganz klar: Deutschland ist in etlichen Zukunftsfeldern stark, in der Schlüsseltechnologie der neuen Produktionstechnologien weltweit spitze, bei den Schlüsseltechnologien Kreislaufwirtschaft und Energietechnologien reicht es ebenso für Silber und Bronze! Erwartungsgemäß schneiden wir bei digitaler Vernetzung und Hardware nicht so stark ab. Aber darum muss es jetzt im Geschäftsmodell für den Industriestandort Deutschland gehen: Kompetenz aufbauen und Souveränität in den für unser Land kritischen Schlüsseltechnologien ausbauen. Eine engere Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft wird dabei entscheidend sein, um wettbewerbsfähige Regelwerke für marktnahe Innovationen zu schaffen. Klar ist auch: Innovation muss auf eine nachhaltige Transformation einzahlen. Und auch da sind wir schon heute besser als von vielen gedacht. Deutschland belegt hinter Dänemark und Finnland den dritten Platz im Nachhaltigkeitsindikator, das Interesse von Venture-Capital-Investoren an grünen Frühphasen-Investitionen ist geweckt und dürfte durch den DeepTech & Climate Fonds der Bundesregierung noch zunehmen.
Schließlich wollen die Partner Roland Berger und der Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. mit der Neuausrichtung des Innovationsindikators auf die Themenschwerpunkte „Innovationen hervorbringen“, „Zukunftsfelder durch Schlüsseltechnologien entwickeln“ sowie „Nachhaltig wirtschaften“ selbst zur Innovation der Innovationsforschung beitragen. Indem wir die Methodik und Sichtweise auf Deutschlands Innovationsfähigkeit überarbeitet haben, können wir Ihnen mit dem Innovationsindikator 2023 eine Reihe frischer Ergebnisse und Erkenntnisse präsentieren, die zur Diskussion einladen sollen.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.
Siegfried Russwurm
Präsident
BDIStefan Schaible
Global Managing Partner
Roland BergerFotos: BDI/Christian Kruppa, Roland Berger
© BDI/Roland Berger 2023