Schwerpunkt 1: Effizienz

wer macht am meisten aus seinen mitteln?

Innovationsprozesse sind teuer und aufwendig. Gleichzeitig sind sie mit hohem Risiko und mit hoher Unsicherheit über den Innovationserfolg verbunden. Unsicherheit besteht dabei von der technischen Lösung oder der Idee und deren Umsetzung bis hin zur Marktentwicklung und letzten Endes auch erfolgreichen Kommerzialisierung. An jeder Stelle kann der Prozess scheitern und die Investitionen können ins Leere laufen. Die Komplexität von technologischen Innovationen und die Menge und Spezialisierung des benötigten Wissens zum erfolgreichen Innovieren sind in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Der Anstieg der marginalen Effekte von Innovationsausgaben ist gesunken oder, um es weniger im ökonomischen Fachjargon auszudrücken: Jeder weitere in Innovation investierte Euro hat einen geringeren Effekt als der bereits davor investierte Euro. Hinzu kommt eine gesteigerte Wettbewerbssituation in vielen Branchen und Technologiefeldern. Daneben haben sich Innovationszyklen verkürzt, sodass insgesamt weniger Zeit für die Amortisation der Innovationsausgaben bleibt.

Spätestens mit dem Einsetzen der Coronapandemie, aber zusätzlich angetrieben durch die Kosten der militärischen Konflikte, gestiegene Energiekosten, Transformationskosten, steigende Kosten auch in anderen Politikfeldern, die beispielsweise von der demografischen Entwicklung sowie einer generell schwierigen wirtschaftlichen Lage beeinflusst werden, werden die öffentlichen Budgets für Wissenschaft, Forschung und Innovation in vielen Ländern in den kommenden Jahren kaum steigen. Durch die Veränderung der Innovationsprozesse, den größeren Aufwand zu deren Zielerreichung und einen vielerorts steigenden Wettbewerb stehen auch die FuE-Budgets der Unternehmen unter Druck. Insgesamt bedeutet dies, dass in den meisten Ländern die öffentlichen wie die privaten FuE-Budgets kaum steigen, eventuell sinken, aber sicherlich nicht generell ausgeweitet werden. Für die wissenschaftlich-technologische Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften heißt das, dass sie entweder weniger innovativ sein werden oder möglichst effizient in der Nutzung ihrer Mittel sein sollten, um die jeweilige Innovationsfähigkeit aufrechterhalten zu können. Wer macht am meisten aus den zur Verfügung stehenden Mitteln? Dieser Frage soll in diesem Kapitel anhand der vorliegenden Daten des Innovationsindikators nachgegangen werden.

inputs und outputs als positive beiträge

Die Methodik dieses Kapitels unterscheidet sich von der des Hauptindikators, welche auf sogenannten Kompositindikatoren beruht, also der gewichteten oder ungewichteten Aggregation von Einzelindikatoren zu einem Gesamtindikator. In diesen Gesamtindikator fließen sowohl Einzelindikatoren, die als Input klassifiziert werden können, als auch solche, die als Output klassifiziert werden können, ein. Beispiele für inputorientierte Indikatoren sind FuE-Ausgaben oder Beschäftigte mit Hochschulabschluss. Outputorientierte Indikatoren messen dagegen konkrete Ergebnisse wie Patente oder die Wertschöpfung in der Hochtechnologie. Das heißt, der Innovationsindikator wertet sowohl Inputs als auch Outputs als positiven Beitrag zur gemessenen Innovationsfähigkeit der Länder im Vergleich. Obwohl Kompositindikatoren in der Innovationsmessung etabliert sind, haben sie methodische Nachteile. Insbesondere kann durch sie eine Doppelzählung von Inputs und Outputs verursacht werden, und zwar genau dann, wenn ein Input erfolgreich zu einem Output transformiert wird. In diesem Fall erfasst der Innovationsindikator sowohl den Input also auch den Output. Daher ist zuweilen vorgeschlagen worden, nur Outputs, also real erzielte Erfolge, messtechnisch zu erfassen3 Auch dieser Ansatz hat aber seine Schwierigkeiten, weil er zum Beispiel Schwellenländer, deren Innovationssysteme sich noch im Aufbau befinden, eher schlecht bewertet. Diese Länder, insbesondere wenn sie Technologie-Push-Strategien verfolgen, haben häufig hohe Inputs und aufgrund des zeitlichen Verzuges noch geringe Outputs. Sie würden also messtechnisch gleichgestellt mit Ländern, die nur geringe Investitionen tätigen. Produktionstechnisch sinnvoller wäre es, die Inputniveaus und gleichzeitig die Effizienz der Transformation von Inputs in Outputs zu erfassen.

Die Erfassung von Effizienzen lässt sich über Kompositindikatoren nur sehr eingeschränkt abbilden. Einen sinnvollen Ansatz bieten aber Verfahren aus der Effizienzanalyse, die auf der sogenannten Data Envelopment Analysis (DEA) aufbauen. Grundgedanke dieser Methode ist es, aus den „besten“ Observationen im Sample eine theoretisch mögliche Produktionsfunktion als Benchmark zu schätzen und dann die Entfernung jeder Beobachtung im Sample von dieser Benchmark-Produktionsfunktion zu ermitteln. Diese Entfernung kann dann als Maß für die Ineffizienz verstanden werden. Oder anders: Jede Observation, die den Benchmark erreicht, wird als effizient klassifiziert. Observation, die den Benchmark nicht erreichen, weisen (im unterschiedlichen Maß) Ineffizienzen auf. Die Methodenbox „DEA-Analysen – Grundidee“ verdeutlicht dieses Effizienzkonzept an einem einfachen Beispiel.

In diesem Kapitel verwenden wir eine Fortentwicklung der ursprünglichen DEA-Methodik, wie sie speziell für die Messung von Innovationseffizienzen vorgeschlagen wurde.4 Dieser Ansatz ist konzeptionell mit dem funktionalen Innovationssystemverständnis des Innovationsindikators kompatibel und unterscheidet zwei aufeinander aufbauende Hauptfunktionen des Innovationsystems: erstens die Wissensgenerierungsfunktion, durch die neues akademisches und technologisches Wissen aus Inputs erzeugt wird, und zweitens die Güterbereitstellungs- bzw. die Kommerzialisierungsfunktion, durch die finale Güter und Dienstleistungen bereitgestellt werden. Diese werden zum einen mit normalen Produktionsfaktoren, insbesondere Arbeit, erzeugt. Zum anderen wird innerhalb dieser Funktion auch das technologische Wissen, das in der Wissensgenerierung erzeugt wurde, genutzt. Diese Modellstruktur ist der Abbildung unten dargestellt.

Innerhalb dieser Modellstruktur ist es möglich, drei unterschiedliche Effizienzen zu unterscheiden: a) die Effizienz, mit der ein Land neues Wissen generiert, b) die Effizienz, mit der ein Land unter Nutzung dieses Wissens Güter und Dienstleistung erzeugt, somit also Wissen kommerzialisiert, c) die Effizienz des Gesamtsystems, die sich aus dem Zusammenspiel der Wissensgenerierung und der Kommerzialisierung ergibt.5

In vielen ländern werden die öffentlichen budgets für wissenschaft, forschung und innovation kaum steigen.«

DEA-Analysen: Die Grundidee

Um die Idee von DEA zu veranschaulichen, nehmen wir an, ein Innovationssystem produziere nur einen Innovationsoutput (Patente) mit einem Innovationsinput (FuE-Ausgaben). Die Produktionsfunktion ist in der DEA-Analyse als das Produktionsmaximum definiert. Sie gibt also für jedes Inputniveau an, wie viel Output maximal produziert werden kann (siehe gepunktete und gestrichelte Kurve). Ein Land kann auf der Produktionsfunktion liegen oder darunter. Liegt es auf der Produktionsfunktion, ist es effizient. Liegt es darunter, gibt es Ineffizienzen.

Schauen wir uns zum Beispiel ein Land A an, das eine Anzahl von Patenten in der Höhe von p(0) mit FuE-Ausgaben der Höhe f(0) produziert. Offensichtlich könnte es mit f(0) FuE-Ausgaben aber mehr Patente erreichen, nämlich p(2) Patente. Ein Maß für die Effizienz von Land A ergibt sich aus dem relativen Abstand zur Produktionsfunktion, p(0)/p(2)<1, also der Anzahl der tatsächlichen Patente geteilt durch die maximal erreichbaren Patente. Nun ist aber die Produktionsfunktion in der Regel nicht bekannt, sodass sich auch die Effizienz des Landes nicht direkt ermitteln lässt. DEA behilft sich damit, dass sie die Produktionsfunktion aus empirischen Beobachtungen weiterer Länder schätzt (siehe die Punkte in der Abbildung). Der sehr flexible DEA-Schätzer Variable Returns to Scale (VRS) schätzt die unbekannte Produktionsfunktion, indem er die konvexe Hülle der Punktewolke ermittelt – gewissermaßen indem er eine abschnittsweise, lineare Funktion bildet, die nur aus beobachteten Ländern gestützt wird. Diese DEA-Produktionsfunktion wird von der durchgezogenen Linie dargestellt. Unterstellt man nun diese Funktion, lassen sich geschätzte Effizienzmaße bestimmen. In unserem Fall ergibt sich für das Land A eine Effizienz von p(0)/p(1). Offensichtlich ist die geschätzte Effizienz nicht exakt gleich der tatsächlichen. Aber wenn man sehr viele Länder beobachtet, dann wird die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man viele Länder hat, die sehr nahe an der tatsächlichen Produktionsfunktion liegen, sodass die geschätzten Effizienzen in großen Datensätzen sehr genau sind.

Insgesamt werden wir in diesem Kapitel deutlich komplexere DEA-Schätzer verwenden, die erstens eine Vielzahl von Inputs und Outputs gleichzeitig berücksichtigen und die zweitens unterschiedliche Subsysteme trennen. Die effizienztheoretischen Grundkonzepte sind in diesen komplexeren Modellen aber dieselben.

Eine schematische Darstellung der DEA-Methode mit einem Input und einem Output

Letzteres ist also als ein zusammenfassendes Maß der beiden konstitutiven Maße für die Wissensgenerierung und die Kommerzialisierung zu verstehen. Konzeptionell können diese Effizienzen vom Innovationsindikator abweichen, obwohl auch in diesem sowohl die Wissensgenerierung als auch die Kommerzialisierung durch Indikatoren abgebildet werden. Der Fokus dieses Kapitels liegt abweichend vom Innovationsindikator nicht auf den erreichten Niveaus der Outputs und Inputs, sondern darauf, wie verlustfrei, sprich effizient, gegebene Inputs und Outputs umgewandelt werden können. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Effizienzmaße ergibt sich also daraus, dass sie Effizienzpotenziale quantifizieren. Ein Land, das in einem oder allen der drei Effizienzmaße hinten liegt, muss also nicht zwangsweise seine Investitionen erhöhen, sondern könnte bereits durch eine effizientere Verwendung vorhandener Ressourcen in der Wissensgenerierung oder der Kommerzialisierung seine Position verbessern.

solide ergebnisse bei etablierten innovationsnationen

Auf die Daten des Innovationsindikators angewendet zeigen sich die Ergebnisse in den Abbildungen auf Seite 28 und Seite 29. Schaut man zunächst auf die Wissensgenerierungseffizienz, also die Effizienz, mit der ein Land neues Wissen generiert, zeigt sich, dass Länder vorne liegen, die im Innovationsindikator meist keine Spitzenplätze belegen. Dies sind die USA, Italien, Dänemark, Österreich, Großbritannien und Deutschland. Effizienz in der Ressourcenverwendung ist also nicht ohne Weiteres mit dem im Innovationsindikator impliziten Messkonzept, nach dem Inputs und Outputs gleichzeitig positiv berücksichtigt werden, identisch.

Für die Länder im Innovationsindikator zeigen sich unterschiedliche Bilder. Die dort führende Schweiz erreicht zwar nicht ganz die Spitze, ist bei der Wissensgenerierungseffizienz mit einem Wert von 91 Prozent aber sehr gut platziert. Für das im Innovationsindikator zweitplatzierte Singapur gilt dies nicht. Seine Wissensgenerierungseffizienz liegt nur bei 32 Prozent. An der Größe des Landes gemessen liefert Singapur hervorragende Ergebnisse. Es benötigt dafür aber zu viele Inputs. Da Singapurs Aufstieg in den 1990er-Jahren begann, stellt sich hier die Frage, ob dies das Resultat eines natürlichen Zeitverzugs ist oder es systemische Ineffizienzen gibt, die aktiv durch entsprechende Maßnahmen behoben werden müssten.

Die meisten etablierten Innovationsnationen weisen solide Ergebnisse bezüglich der Wissensgenerierungseffizienz auf, darunter Australien (98 Prozent), Norwegen (90 Prozent), Südkorea (90 Prozent), Irland (84 Prozent), Frankreich (79 Prozent) und Spanien (73 Prozent). Das Mittelfeld setzt sich unter anderem aus Ländern Südosteuropas zusammen. So erreicht Ungarn beispielsweise 69, Griechenland 65 und Portugal 64 Prozent. Auch Israel mit 57 Prozent und Japan mit 60 Prozent fallen in diese Gruppe. Das eher mäßige Abschneiden Japans im Bereich der Wissensgenerierung hat vielschichtige Gründe. Einer ist sicherlich die geringe internationale Orientierung des japanischen Wissenschaftssystems. Abgeschlagen liegen die meisten Schwellenländer, wie zum Beispiel die Türkei mit 10 Prozent, Russland mit 6 Prozent und Mexiko mit 5 Prozent, am unteren Ende der Verteilung.

Strukturmodell der Innovationsgenerierung

Quelle: Innovationsindikator 2025

effizienz in den Bereichen Wissensgenerierung und Kommerzialisierung

Quelle: Innovationsindikator 2025

Trotz vieler Ähnlichkeiten weicht die Kommerzialisierungseffizienz für einige Länder von der Wissensgenerierungseffizienz ab. Bei der Kommerzialisierungseffizienz liegen unter anderem die USA, Singapur sowie Australien mit 100 Prozent ganz vorne. Singapur gelingt es also, die Effizienzschwächen im Bereich Forschung durch hohe Effizienzen im Bereich Kommerzialisierung wieder auszugleichen. Die USA und Australien hingegen waren bereits in der Wissensgenerierungseffizienz sehr gut aufgestellt. Auffällig sind darüberhinaus zwei weitere Beobachtungen: Viele, insbesondere europäische Länder, die in der Wissensgenerierungseffizienz gut sind, fallen bei der Kommerzialisierungseffizienz zurück. So erreicht Deutschland bei der Kommerzialisierung nur 61 Prozent. Dänemark kommt auf 78 Prozent und Schweden auf 46 Prozent (Wissensgenerierungseffizienz von 87 Prozent). Ein ähnliches Bild zeigt sich für die Schweiz, die nur 55 Prozent erreicht. Andere Länder – darunter auch europäische – erzielen in der Wissensgenerierungs- und Kommerzialisierungseffizienz ähnliche Ergebnisse. Ein Beispiel ist Finnland mit einer Kommerzialisierungseffizienz von 88 Prozent und einer Wissensgenerierungseffizienz von 90 Prozent. Belgien liegt mit 56 Prozent und 53 Prozent im unteren Mittelfeld. Spanien erreicht bei der Kommerzialisierungseffizienz mit 89 Prozent sogar etwas bessere Werte als bei der Wissensgenerierung. Gleiches gilt für Portugal (85 Prozent vs. 64 Prozent).

Diese Observationen haben weitreichende innovationsökonomische Implikationen mit Blick auf das sogenannte europäische Paradox, also die Hypothese, dass die Schwäche Europas nicht in der Wissensgenerierung, sondern der Kommerzialisierung liegt: Interessanterweise sind die Länder, bei denen die Kommerzialisierungseffizienz deutlich niedriger ist als die Wissensgenerierungseffizienz tatsächlich auf Europa begrenzt (Deutschland, Schweden, Schweiz, Dänemark, Österreich, Großbritannien). Das europäische Paradox scheint also durchaus zu existieren. Allerdings sind zwei Einschränkungen dieser Interpretation wichtig. Erstens ist die Mehrheit der europäischen Länder nicht davon betroffen. Viele andere Länder in Europa, zum Beispiel Frankreich, Spanien, oder Ungarn, zeigen systematisch bessere Ergebnisse in der Kommerzialisierungseffizienz als in der Forschungseffizienz. Zweitens gehört die überschaubare Gruppe der Länder mit Anzeichen des europäischen Paradoxes zu den ökonomisch führenden Ländern. Ihnen gelingt es trotz der festgestellten Ineffizienzen, zumindest derzeit noch im Bereich der Kommerzialisierung und der Bereistellung von Gütern und Dienstleistungen hohe Wohlstandsniveaus zu erzielen. Die europäischen Länder ohne Hinweise auf ein europäsches Paradox liegen in der ökonomischen Leistungsfähigkeit weiter hinten.

Es ist aber festzuhalten, dass die festgestellte Kommerzialisierungsschwäche bei den ökonomisch führenden Ländern innerhalb Europas kein allgemeines Charakteristikum wirtschaftlich starker Länder ist. Wie bereits erwähnt sind Australien, die USA, Japan (im Mittelfeld) sowie Singapur nicht davon betroffen. Ein Grund liegt vermutlich in sehr gut ausgebauten Transfersystemen. In den USA zum Beispiel trägt die breite Verfügbarkeit von Wagniskapital zu einer schnellen kommerziellen Skalierung von wichtigen Innovationen bei. In der Tat weist außer Südkorea keines der außereuropäischen Länder im Vergleich ein Profil auf, in dem die Wissensgenerierungseffizienz deutlich niedriger als die Kommerzialisierungseffizienz liegt. Das absolute Gegenteil zeigt sich unter anderem in allen Schwellenländern, denen es gelingt, trotz nur sehr geringer Effizienzen in der Forschung zumindest mittelmäßige Werte bei der Kommerzialierung zu erzielen. Hierunter fallen die Türkei, Südafrika und auch Russland. In diesem Sinne lassen sich in unseren Daten also durchaus Hinweise auf das Vorhandensein eines europäischen Paradoxes finden, das allerdings auf die führenden europäischen Wirtschaftsnationen in Mittel- und Nordeuropa beschränkt bleibt.

Blickt man abschließend auf die summarische Systemeffizienz, sieht man, dass sich in manchen Fällen die Systemeffizienz als mittlerer Wert zwischen Wissensgenerierungseffzienz und Kommerzialisierungseffzienz ergibt. Dies gilt zum Beispiel für Deutschland mit einer Systemeffizienz von 84 Prozent. Dieser Wert liegt zwischen seiner Wissensgenerierungseffizienz von 100 Prozent und seiner Kommerzialisierungseffizienz von 61 Prozent. Somit kann das starke Wissenschaftssystem die Kommerzialisierungsineffizienzen zum Teil kompensieren. Allerdings limitiert die Kommerzialisierung das Gesamtsystem und führt dazu, dass Deutschland nicht die volle Effizienz erreicht. Deutschland müsste also seine Fähigkeit, Wissen in ökonomische Werte umzuwandeln, stärken. Ansätze können eine Stärkung des Transfers von Universitäten zur Wirtschaft oder aber die bessere Verfügbarkeit von Wagniskapital zur Skalierung innovativer Technologien sein.

deutschland muss seine fähigkeit, wissen in ökonomische werte umzuwandeln, stärken.«

Systemeffizienz

USA100
Italien100
Dänemark100
Österreich100
Großbritannien100
Deutschland84
Australien98
Schweiz91
Norwegen90
Finnland90
Südkorea61
Schweden87
Irland97
Frankreich81
Kanada75
Spanien73
Niederlande68
Ungarn69
Griechenland65
Tschechien64
Portugal64
Japan56
Israel57
Südafrika54
Belgien56
Polen49
Singapur100
Türkei56
Russland42
Mexiko30

Quelle: Innovationsindikator 2025

effizienz hat mehrere gesichter

Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Ineffizienzen in einem Bereich durch den anderen komplett kompensiert werden können. Ein Beispiel ist Italien, das in der Systemeffizienz absolut effizient ist, obwohl es in der Kommerzialisierung mit 92 Prozent zumindest leichte Ineffizienzen aufwies. In anderen Ländern fallen die Effizienzen in beiden Subsystemen zusammen. So erreichten die USA sowohl bei der Wissensgenerierung als auch der Kommerzialisierung die volle Effizienz und sind somit auch bei der Systemeffizienz bei 100 Prozent. Heißt dies nun, dass Italien so leistungsfähig ist wie die USA? In der Tat sind beide Länder absolut effizient, allerdings auf sehr unterschiedlichen absoluten Outputniveaus. Ein Blick in die Methodenbox verdeutlicht das Problem. Eine technische Effizienz, wie sie DEA-Schätzer ermitteln, sagt nichts darüber aus, ob ein Land genug investiert und hinreichend skaliert. Es sagt nur etwas über den Abstand zur Produktionsfunktion bei gegebenen Inputs aus. So können auch Länder mit sehr begrenzten Inputs technisch effizient sein, wenn sie die geringen Inputs effizient nutzen. Aber dennoch ist ihr absolutes Leistungsniveau gering, weil sie zu wenig investieren. Dies dürfte auch für Italien gelten: Es wendet insgesamt (zu) wenig Ressourcen zum Beispiel für die Finanzierung des Wissenschaftssystems auf, was sich im Hauptranking des Innovationsindikators zeigt, erzielt aber aus den geringen vorhandenen Investitionen gute Ergebnisse.

Einige andere Beobachtungen sind ebenfalls interessant: Die Schweiz erreicht 91 Prozent und kompensiert ihre Schwächen in der Kommerzialisierung durch ihr recht starkes Wissenschaftssystem. Da die Schweiz aber in keinem System absolut effizient war, würde wohl eine weitere Verbesserung sowohl eine weitere Stärkung des Wissenschaftssystems als auch der Kommerzialisierung erforderlich machen. Österreich erreicht trotz Schwächen in der Wissenschaftseffizienz (51 Prozent) bei sehr starker Performance in der Kommerzialisierung (100 Prozent) auch in der Systemeffizienz die vollen 100 Prozent. Hier gelingt es also, die Schwächen in einem Bereich komplett zu kompensieren. Auch Singapur schafft das. Bei Ländern wie Südafrika zeigt sich das genau umgekehrte Bild, dass nämlich die Schwächen durchschlagen. So lag Südafrika bei der Kommerzialisierung bei 94 Prozent und bei der Wissenschaft bei 54 Prozent. In der Systemeffizienz kommt es ebenfalls nur auf 54 Prozent. Das Engpasssystem ist also die Wissensgenerierung, ein Bild das sich in mehr oder weniger starkem Ausmaß für nahezu alle Schwellenländer im Innovationsindikator zeigt.

Insgesamt liefert diese Effizienzanalyse wichtige Hinweise darauf, wie effizient die Länder in der Nutzung ihrer Ressourcen sind. Außerdem gibt die Analyse Hinweise darauf, ob Schwächen beziehungsweise Stärken eher in der Wissensgenerierung oder der Kommerzialisierung liegen. Diese Analyse ist aber nur komplementär zum Innovationsindikator zu verstehen. Die Aussagen beziehen sich auf die reine Effizienz bei der Ressourcennutzung. Die Analyse zeigt nicht, ob die Länder hinreichend investieren. Darüber geben eher der Innovationsindikator beziehungsweise seine Einzelindikatoren Aufschluss.

die schweiz kompensiert ihre schwächen in der kommer­zialisierung durch ihr recht starkes wissenschafts­system.«


3 Vgl. Janger, J., Schubert, T., Andries, P., Rammer, C. & Hoskens, M. (2017): The EU 2020 innovation indicator: A step forward in measuring innovation outputs and outcomes? Research Policy, 46(1), S. 30–42.

4 Guan, J. & Chen, K. (2012): Modeling the relative efficiency of national innovation systems. Research Policy, 41(1), S. 102–115.

5 Die Systemeffizienz berechnet sich nicht zwangsweise als Mittel aus Wissensgenerierungs- und Kommerzialisierungseffizienz, sondern ergibt sich aus dem konkreten Zusammenspiel von Input-, Output- und Skalenkonstellationen in dem Land. Es ist also zwar möglich, dass die Systemeffizienz numerisch zwischen der Wissensgenerierungseffizienz und Kommerzialisierungseffizienz liegt. Genauso ist es aber möglich, dass sie durch eine der beiden dominiert wird. In diesem Fall ist das jeweilige Subsystem als limitierender Faktor zu verstehen.

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